Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) publiziert heute ihren Dritten Bericht. Er beschreibt die Arbeit der KJM zwischen April 2007 und Februar 2009. In dem Zeitraum haben sich die Tendenzen, die die unabhängige Kommission schon in den Berichten von 2007 und 2005 festgestellt hatte, verstärkt. Sie lassen sich in fünf Thesen zusammenfassen:

•1. „Regulierte Selbstregulierung – Erfolgsgeschichte mit Höhen und Tiefen“: Das im Jahr 2003 eingeführte Modell der regulierten Selbstregulierung hat sich etabliert und funktioniert – und zwar in vielen Bereichen sehr erfolgreich. Trotzdem gibt es natürliche Differenzen zwischen Aufsicht und Selbstkontrolle. Die bewährten Regelungen einer starken Aufsicht sind – gerade angesichts der wachsenden Herausforderungen durch Konvergenz und Globalität der Medien – daher auch in Zukunft unerlässlich.

•2. „Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein“: Die Verstöße im Internet gehen in Quantität und Qualität weit über das hinaus, was im Fernsehen zu sehen ist. Allerdings wachsen auch die Gemeinsamkeiten zwischen dem Internet und den traditionellen Medien: Viele Fernsehsendungen sind identisch auch im Internet abrufbar, jugendschutzrelevante Inhalte häufig inhaltsgleich in beiden Medien zu finden. Deshalb wird es künftig immer wichtiger, in der Praxis möglichst gleich hohe Maßstäbe an die Inhalte anzulegen. In Bezug auf die Maßnahmen kann dabei auf eine Bandbreite verschiedener Instrumente – von Sendezeitgrenzen bis hin zu verschiedenen technischen Schutzmaßnahmen – zurückgegriffen werden.

•3. „Entwicklungsbeeinträchtigung ist kein Kavaliersdelikt“: In ihren Anfangsjahren hat sich die KJM aus Kapazitätsgründen weitgehend auf die Fülle der jugendgefährdenden und unzulässigen Themen im Internet konzentriert. Doch im aktuellen Berichtszeitraum stellt der Bereich der entwicklungsbeeinträchtigenden Internetangebote (z.B. Pro-Ana-Seiten, Sauf- oder Suizidforen) einen immer wichtigeren Schwerpunkt in der Prüf- und Aufsichtspraxis der KJM dar. Grundsätzlich will die KJM durch ihre Arbeit dazu beitragen, das Problembewusstsein der Öffentlichkeit – gerade auch in Bezug auf entwicklungsbeeinträchtigende Angebote – zu schärfen.

•4. „Aufsicht mit zweierlei Maß funktioniert nicht“: Die gesetzlichen Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags gelten für die privaten und die öffentlich-rechtlichen Programme. Gleiches Recht für alle im dualen Rundfunksystem – diese Forderung der KJM entspricht aber nach wie vor nicht den realen Gegebenheiten in der täglichen Aufsichtspraxis. Hier gilt es, die gesellschaftliche Verantwortung auf Seiten aller Programmverantwortlicher einzufordern, um den Erfolg des gesamten Jugendschutzmodells nicht zu gefährden und nicht weiter dem Verdacht Raum zu geben, mit zweierlei Maß zu messen.

•5. „Jugendmedienschutz – ein Thema für die ganze Gesellschaft“: Trotz ihrer Bemühungen für einen besseren Jugendmedienschutz in Deutschland ist sich die KJM – obwohl Deutschland in Sachen Jugendmedienschutz international Vorreiter ist – der begrenzten Wirkung ordnungspolitischer Maßnahmen bewusst. Vor allem bei einem so flüchtigen Medium wie dem Internet. Trotzdem oder gerade deshalb muss die Aufsicht immer wieder Grenzen aufzeigen. So will die KJM nicht zuletzt auch öffentliche Diskussionen über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde als Rechtsgüter von Verfassungsrang anstoßen und das Bewusstsein der Gesellschaft auf dieses wichtige Thema lenken. „Denn die Jugendschutz-Aufsicht kann nur mit Hilfe der Unterstützung durch die Gesellschaft erfolgreich sein. Dabei ist auch das Verantwortungsbewusstsein der Nutzer gefragt. Der gesetzlich festgelegte Jugendmedienschutz muss Hand in Hand mit der Medienpädagogik als präventive Maßnahme gehen. Die Aufsicht kann sie aber nicht ersetzen“, so der KJM-Vorsitzende Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring.