Ein Schwerpunkt der Beratungen des Kabinetts galt der Gestaltung der Globalisierung durch die EU. Dazu gehört auch der Kampf gegen Produktpiraterie und für den Schutz geistigen Eigentums. Bayern treibt den Kampf gegen internationale Produktpiraten weiter voran und setzt beim Schutz des heimischer Ideen und Erfindungen auf eine neue Strategie. Während Bayern jahrelang immer neue Europazuständigkeiten kritisch bekämpft und mehr Unabhängigkeit gegen Regelungen aus Brüssel gefordert hat, dreht Bayern nach den Worten von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber jetzt beim Schutz des geistigen Eigentums den Spieß um. Stoiber: „Im Kampf gegen die globale Produktpiraterie brauchen wir die politische und wirtschaftliche Durchschlagskraft ganz Europas. Der Rohstoff Europas ist der Rohstoff Geist und den müssen wir gegen Technologieklau besser schützen. Wo einzelne Mitgliedstaaten auf verlorenem Posten stehen, muss Europa entschlossen handeln. Die Europäische Union als globale Wirtschaftsmacht bringt mit ihren fast 500 Millionen Einwohnern ein enormes Druckpotential auf die Waage, um internationale Partnerstaaten zum entschlossenen Durchgreifen gegen heimische Produktpiraten zu bewegen. Europa hat das Problem erkannt und tut auch einiges. Aber das reicht noch lange nicht aus. Vor allem gegenüber China, das mehr als ein Drittel aller weltweiten Plagiate herstellt, muss die EU eine härtere Gangart einschlagen.“

Bayern fordert nach den Worten Stoibers ganz konkret, dass beispielsweise in China künftig Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche so hoch geschraubt werden, dass sie auch eine abschreckende Wirkung haben. Dringend notwendig ist auch eine verschärfte und deutlich effektivere Kontrolle an den chinesischen Grenzen, damit der Klau geistigen Eigentums endlich effektiv verfolgt werden kann. Nach den Worten Stoibers muss die chinesische Regierung durch entsprechende Vorschriften zudem sicherstellen, dass die effektive Mindestdauer von Patenten nicht weniger als 15 Jahre beträgt. Schließlich soll China bei seinen Markenämtern deutlich mehr Personal einsetzen, um die Bürokratie bei der Registrierung und bei dem Schutz neuer Produkte deutlich zurückzufahren und Innovationen zu beschleunigen.

Der Ansatz der EU, die Produktpiraterie in einem politischen Dialog auf höchster Ebene mit asiatischen Staaten und vor allem mit China zu bekämpfen, ist nach den Worten Stoibers richtig. Es müssten aber auch Ergebnisse erreicht werden. Stoiber: „Notfalls muss die EU auch deutlich machen, dass sie handelspolitische Schutzmaßnahmen konsequent einsetzen wird und effektive Sanktionen für den Fall der Verletzung geistigen Eigentums durchgesetzt werden.“ So könnten Schutzzölle viel stärker eingesetzt werden und die bestehenden Zollmaßnahmen bei der Einfuhr von Produkten auch auf die Durch- und Ausfuhr ausgedehnt werden. Die Durchsetzungsklauseln der Rechte geistigen Eigentums in zahlreichen bilateralen Abkommen der EU mit anderen Ländern sollten deutlich gestärkt werden. Des Weiteren müssten Maßnahmen ergriffen werden, um den erzwungenen Technologietransfer oder Know-how-Abfluss durch staatliche Stellen oder Unternehmen in Drittländern zu unterbinden. Stoiber: „Das Abhängigmachen einer wirtschaftlichen Betätigung europäischer Unternehmen in Drittstaaten von einer Zusammenarbeit mit einheimischen Unter¬nehmen als Joint Venture oder Auflagen zum Technologietransfer im Gegenzug für Investitionsgenehmigungen oder öffentliche Aufträge schädigt europäische Un¬ternehmen, vernichtet europäische Arbeitsplätze und schwächt damit die gesamte Wirtschaftskraft der EU. Deshalb muss die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten mehr noch als bisher in den bilateralen Kontakten mit den betroffenen Ländern auf diese Problematik hinweisen und Abhilfe einfordern.“

Notwendig ist nach den Worten von Justizministerin Dr. Beate Merk auch eine Fortentwicklung des Schutzes der Rechte geistigen Eigentums innerhalb der EU. Merk: „Die Weiterentwicklung des europäischen Patentrechts ist für den Standort Deutschland und für die bayerischen Unternehmen von wesentlicher Bedeutung. Nur wenn Patente auch europaweit leicht durchsetzbar sind, lohnt sich die Forschung.“ Dem stehen in Europa derzeit aber teure Anforderungen an die Übersetzung von Patentschriften in zahlreiche Amtssprachen und Probleme bei der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen in Patentsachen entgegen. Merk: „Unsere Vorschläge für die Verbesserung und Vereinfachung des Schutzes geistigen Eigentums liegen auf dem Tisch. Es ist jetzt an der EU im Interesse der Unternehmer und Arbeitnehmer in Europa zügig einen effektiven Schutz des geistigen Eigentums auf den Weg zu bringen.“

Der sprunghafte Anstieg der Marken- und Produktpiraterie in anderen Staaten ist alarmierend und die Schäden der Produktpiraterie vor allem in Asien sind für die deutsche und europäische Wirtschaft enorm: Die EU-Kommission beziffert den weltweit durch Produkt- und Markenpiraterie entstehenden Schaden auf 120 bis 370 Milliarden Euro pro Jahr. Allein für Deutschland wird ein volkswirtschaftlicher Schaden in Höhe von einigen zehn Milliarden Euro angenommen. Zusammen mit dem Verlust von einigen tausend Arbeitsplätzen jedes Jahr. Der Wert vom deutschen Zoll beschlagnahmter Pirateriewaren betrug 2005 rund 215 Millionen Euro und hat sich gegenüber dem Vorjahr um fast 50 Prozent erhöht. Und die Palette der Produktpiraterie wird immer breiter. Waren es früher Luxusgüter und Design-Produkte, so werden jetzt auch alltägliche Konsumgüter wie Autoteile, Software, Handys, Druckerpatronen oder Sportartikel abgekupfert. Vor allem die für die bayerische Wirtschaft besonders wichtigen High-Tech-Produkte werden gnadenlos kopiert und billig auf den Weltmarkt geworfen. Betroffen sind nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Bürger mit Gesundheits- und Sicherheitsrisiken, wenn zum Beispiel Medikamente ohne notwendige Wirkstoffe oder Elektrogeräte ohne notwendige Sicherheitsstandards aus Asien auf den Markt gebracht werden.