Die Nutzung von Onlinediensten hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Gegenwärtig sind mehr als 60% aller privaten Haushalte online. Neben Alter und Geschlecht beeinflussen unter anderem Bildung und Einkommen die Häufigkeit der Nutzung. Seit Mitte der neunziger Jahre finden sich in der Literatur vermehrt Hinweise auf schädliche Auswirkungen einer exzessiven Nutzung.

Hinsichtlich Klinik und Symptomatik lassen sich verschiedene Subtypen der so genannten Internetsucht (Internet addiction) unterscheiden, z. B. der häufige Besuch eines Onlinecasinos oder die Beteiligung an Onlinerollenspielen. Widersprüchliche Definitionen sowie rasche Veränderungen der Nutzungsgewohnheiten erschweren jedoch eine zuverlässige Einschätzung von Ausmaß und Häufigkeit des Problems.

Auf der Fachkonferenz der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e.V. stellten Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin, der Medizinischen Hochschule Hannover und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster die Ergebnisse erster empirischer Untersuchungen vor.

Die vorläufigen Auswertungen einer Befragung von 5.202 Schülern (mittleres Alter: 16 Jahre) lassen vermuten, dass insbesondere Jungen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren Gefahr laufen, eine Internet»sucht« zu entwickeln. Die Autoren – Sabine Meixner und Matthias Jerusalem (Humboldt-Universität zu Berlin) – schließen aus den Ergebnissen erster Analysen, dass 4% der befragten Schüler exzessive User sind.

Die Ergebnisse einer Studie der Medizinischen Hochschule Hannover bestätigen die Annahme, dass Internet»sucht« häufig mit psychischen Erkrankungen – insbesondere Depressionen – einhergeht. Fachleute sollten daher – so die Einschätzung der Hannoveraner Arbeitsgruppe um Bert Theodor te Wildt – stets bedenken, dass die exzessive Nutzung von Onlinediensten möglicherweise auf eine affektive Störung verweist.

Die Schlussfolgerungen des Teams um Bert Theodor te Wildt decken sich mit den Befunden der Münsteraner Arbeitsgruppe. Die Forscher um den Psychologen Ralf Demmel befragten im Winter 2008 insgesamt 4.717 Onlinerollenspieler (mittleres Alter: 24 Jahre). Insbesondere die Mitgliedschaft in einer Spielergilde, die ein hohes Engagement der Mitglieder erwartet, scheint mit einer erhöhten Prävalenz affektiver Störungen einherzugehen. Zudem berichten zahlreiche Teilnehmer von Beeinträchtigungen (Bewegungsmangel, Aufschiebeverhalten etc.), die sie auf die Beteiligung an Onlinerollenspielen zurückführen. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen früherer Untersuchungen scheint der häufige Besuch von Chatrooms und Foren ein zuverlässiger Indikator der schädlichen Nutzung von Onlinediensten zu sein.

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen